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Ein interkulturelles Bildungs- und Sportprojekt für Jugendliche

EBS Jahresbericht 2015

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Abschlussbericht Namibia Windhuk 2015

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Teil 11: …und in Südafrika arbeitet man, um zu leben


Es ist Samstag, der 23. März. Wir sind im Capetown Stadion. Pünktlich um 20.45 Uhr erfolgt der Anpfiff des Spiels Bafana Bafana gegen Zentral Republik Afrika. Dean Furman kommt an den Ball - „Buuuuh.“ Ein lautes „Buuuuuuuh“ geht durchs Stadion. Furman gewinnt den Zweikampf. Schon wieder „Buuuh“. Wir schauen uns gegenseitig fragend an. Warum „buhen“ die denn, sobald der weiße Südafrikaner am Ball ist? Und das, obwohl er einer der besten Spieler auf dem Feld ist. Ich warte weiter ab, die Frage lässt mir aber keine Ruhe.

„Buuuuuuuuuuuuuuuh“ - so jetzt reicht es. Meine Neugierde hat mal wieder gewonnen. Ich drehe mich zu der Gruppe Männer hinter mir um und frage freundlich was es denn mit dieser Geste auf sich hat. Die Männer lachen. Ich noch nicht, denn für mich war es ja noch nicht geklärt. Einer der Herren nimmt sich ein Herz und versucht mir die Lage zu erklären. Ganz nebenbei - Dean Furman war der einzige Hellhäutige in der Startelf, daher hätte es ja alles Mögliche bedeuten können. Doch das „Buh“ bedeutet eigentlich „Guh“ und ist eine Form von Jubel. Die Fans im Stadion freuten sich also, wenn Dean Furman am Ball war. Und das war er oft. Aus irgendeinem Grund hatte ich die Sorge gehabt, dass sie ihn wegen seiner Hautfarbe nicht mögen. Ich war erleichtert und konnte mich jetzt wieder auf das Spiel konzentrieren.

Die erste Halbzeit bot gute Aktionen, schnelles Passen und ein Tor für Bafana Bafana! Die Vuvuzela, die wir einem Fan abgekauft hatten, kam so oft zum Einsatz, dass ich schon nach wenigen Minuten außer Atem war. Es war ein großes Fest im Greenpoint Stadium. Von dem stimmungsvollen Trommeln, Klatschen und Singen bekam ich immer wieder eine Gänsehaut. Und wir sangen mit: „Shosholoza, shosholoza,Ku lezontaba Stimela siphum' eSouth Africa“. Übersetzt heißt das soviel wie „Mutig nach vorne schauen.“ Und das machen hier viele. Ich war von diesem Gefühl überwältigt. Auch in Deutschland gehe ich gerne ins Stadion, mit dem Stadionbesuch in Südafrika ist es aber definitiv nicht vergleichbar. In der zweiten Halbzeit wurde Dean Furman durch einen Gegenspieler verletzt, so dass er blutete und behandelt werden musste. Er hatte einen Fuß mitten ins Gesicht bekommen, direkt zwischen Augen und Nase. Mist, der beste Spieler musste vom Feld. Danach verlor das Spiel an Fahrt. Zentral Republik Afrika kam immer weiter in den Strafraum.

Plötzlich ist der Ball im Tor. Stille im Stadion. Kurz darauf der Pfiff vom Schiri. Der Treffer zählt nicht, weil die Hand des „Torschützen“ mit im Spiel war. Puuuh - Glück gehabt. Es folgt der Konter von Bafana. Pass zur Mitte, dann schnell nach links außen. Flanke - Kopfball - Tooooor! 2:0! Das Stadion bebt, alle Fans liegen sich in den Armen. Der Sieg war besiegelt und sehr wichtig für Südafrika. Aber auch für die Zentral Republik Afrika war es die letzte Chance zur Qualifikation für die WM 2014 in Brasilien gewesen. Voller Freude und neuer Erlebnisse ging es dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. Für einen richtigen Fan ist es ein Muss mit dem Bus zu fahren.

Der Sonntag war ganz entspannt. Noch einmal Kraft tanken, bevor es wieder zurück ins kalte Deutschland geht. Ich lief über den Greenmarket in Kapstadt und machte ein paar schöne Schnäppchen. Am Abend ging es dann, mit den anderen Freiwilligen, spontan in den Botanischen Garten in Kirstenbosch. Dort war ich ja schon einmal im Freiluftkino gewesen. Ein richtig schöner Park, in dem man den ganzen Tag verbringen könnte, ohne dass es langweilig werden würde. Auf dem Weg zum Eingang fragte uns eine Gruppe, ob wir noch was zu essen bräuchten. Sie gaben uns einen Karton voller Köstlichkeiten - Hähnchenspieße, die südafrikanische Spezialität Teigtaschen mit Hackfleisch und andere Leckereien. Das ist Südafrika. Das ist das, was ich hier so liebe. Die Menschen sind so einzigartig und bestechen durch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Mit genügend Essen im Gepäck picknickten wir und ließen den Abend ausklingen.

Heute Morgen bin ich noch einmal nach Khayalitsha gefahren, diesmal allein. Ich wollte mir das Ganze noch einmal aus der Ferne anschauen und ein paar Fotos machen. Es klingt vielleicht etwas komisch, aber kurz bevor ich im Township ankomme, höre ich wieder dieses Lied: “Everything I do, I do it for you.“ Eine sentimentale Stimmung erfasst mich. Und da sind diese Fragen in meinem Kopf. Ich stoppe an der Straße und mache Bilder von den Hütten, dem Müll und der unfassbaren Größe dieses Townships. Und mir wird klar und ich weiß jetzt, dass ich Alles auf meine Art und Weise richtig gemacht habe. Die quälenden Fragen, ob alles was ich getan habe genug und richtig war, verblassen. Ich fühle Zufriedenheit und bin glücklich, dass ich diese tolle Erfahrung machen durfte.

Ein bisschen freue ich mich jetzt aber doch wieder auf Zuhause. Auf meine Familie, meine Freunde und auf meine Arbeit, die mir auch sehr fehlt. Es warten viele neue Herausforderungen auf mich und durch meine Erfahrung in Südafrika habe ich eine ganz andere und neue Sichtweise auf die Dinge. Ein weiser Spruch zum Abschied: In Deutschland lebt man um zu arbeiten und in Südafrika arbeitet man um zu leben.